Fee Feuer.

Worte. Bilder. Geschichten. Die Wahrheit. Ein paar Lügen. Herz. Blut.

Grenzgänger.

Anhören? Klick:

Ich lege meine Hände auf die Wand, fühle die Tapete unter meinen Handflächen, fühle den Boden unter meinen Schuhsohlen. Ich stelle mich auf die Zehenspitzen und drücke einen Finger an die Zimmerdecke. Ich lege meine Hände auf die Wand, zehn Finger nebeneinander, damit ich weiß, wo dieser Raum aufhört und ein anderer beginnt.

Manche Geschichten passieren dir und du kannst nicht viel dafür. Sie passieren wie das Wachsen. Von einem Tag auf den anderen merkst du den Unterschied nicht. Erst am Ende des Jahres, wenn du dich an den Türrahmen stellst und jemand eine Bleistiftlinie über deinen Scheitel zeichnet, dann siehst du das Stück. Du kannst es zwischen Daumen und Zeigefinger nehmen, da, so viel bin ich gewachsen, so viel bin ich größer, es ist einfach so passiert.

Dein Körper ist Schuld. Etwas in dir hat bestimmt, dass du wächst und dass du irgendwann damit aufhörst. Es bestimmt, ob du große Hände oder dünne Finger hast, es bestimmt deine Augenfarbe, dein krauses Haar und die Anzahl der Leberflecken auf deiner Haut.

Mir ist eine Geschichte gewachsen. Ich bin in sie hineingeraten, ohne dass ich mir darüber bewusst war und um dort zu überleben, in dem Kosmos der Geschichte, musste ich lernen zu lügen. Ich kann es gut. Ich kann Alltagslügen, Notlügen, ich kann die Wahrheit als Lüge kaschieren und die Lüge winterfest machen. Ich kann die richtigen Worte finden und die, die nicht gehört werden dürfen, unter den Tisch fallen lassen. Ich kann Freunden ins Gesicht lügen, wenn sie ihre Hände auf meine Schultern legen und die Wahrheit verlangen.

Man gewöhnt sich ans Lügen, so wie man sich irgendwann an alles gewöhnt und ich wusste, dass es zu mir gehört, wie die grünen Augen oder die krummen Knie.

Doch in letzter Zeit scheine ich es zu verlernen. Etwas in mir hat bestimmt, dass ich aufhöre. So wie die Bleistiftlinie auf dem Türrahmen irgendwann nicht mehr nach oben verschoben wurde, habe ich aufgehört zu lügen. Ich bin ehrlich geworden, nicht von einem Tag auf den anderen, sondern schleichend. Man kann an meinem Gesicht und an dem Zittern meiner Hände immer mehr ablesen und bald reicht es nicht mehr den Kopf zu senken und die Hände in den Taschen zu vergraben.

Ich schweige viel seitdem. Die Gewohnheit zu erklären, zu rechtfertigen, ich versuche sie abzulegen. Manche Sätze kommen wie von selbst, sie ziehen andere Sätze nach sich und führen irgendwohin, wo ich nicht mehr hingehöre. Das Lügen ist einfach, eine schlüssige Erklärung, nicht all die Wahrheiten, die zur selben Zeit Berechtigung haben. Ich weiß nicht, welche davon auszusprechen ist, welcher davon ich folgen soll, also schweige ich und weiß einen Moment lang nicht mehr weiter. Ich versuche die Geschichte zwischen Daumen und Zeigefinger zu nehmen: da, so viel bin ich gewachsen, so viel bin ich größer. Und wenn du hier wärst, würde ich meine Hände auf deine Brust legen, damit ich weiß, wo du aufhörst und ich beginne.

30 Tage // 30 Bilder.

*
Einen Monat lang, jeden Tag ein Foto.
Ein Bildertagebuch für den September.

Dies ist ein Langzeitprojekt.
Zwei mal im Jahr fotografiere ich die Nahaufnahme eines Monats.
Am Ende werden 365 Bilder Momente aus sechs Jahren zeigen
und so ein neues Jahr entstehen lassen.

Alle bisherigen Bildertagebücher sieht man im Label 365.

Das nächste Tagebuch ist für April 2013 geplant.


Erster.

 

Zweiter.

 

Dritter.

 

Vierter.

 

Fünfter.

 

Sechster.

 

Siebter.

 

Achter.

 

Neunter.

 

Zehnter.

 

Elfter.

 

Zwölfter.

 

Dreizehnter.

 

Vierzehnter.

 

Fünfzehnter.

 

Sechzehnter.

 

Siebzehnter.

 

Achtzehnter.

 

Neunzehnter.

 

Zwanzigster.

 

Einundzwanzigster.

 

Zweiundzwanzigster.

 

Dreiundzwanzigster.

 

Vierundzwanzigster.

 

Fünfundzwanzigster.

 

Sechsundzwanzigster.

 

Siebenundzwanzigster.

 

Achtundzwanzigster.

 

Neunundzwanzigster.

 

Dreißigster.

 

Das erste Bildertagebuch vom vorletzten Februar: Link.

Das zweite Bildertagebuch vom vorletzten August: Link.

Das dritte Bildertagebuch vom letzten März: Link.

Fee Feuer auf Facebook: Page.

Canon AE-1 Program
Kodak Farbwelt 200

Kronkorkenfeuer.

Anhören? Klick:

Die leeren Flaschen auf dem Balkon haben den Sommer miterlebt und den Herbst und wenn es so weiter geht, werden sie auch noch den ersten Schnee abbekommen. Ich müsste sie in Plastiktüten packen und zum Container tragen, ich sollte eine nach der anderen durch die Gummilaschen schieben und auf den Lärm des berstenden Glases warten und enttäuscht sein, wenn es nicht bricht, wenn es nur poltert und die Flasche als Ganzes im Container liegt, unzerstörbar, unkaputtbar, entgegen aller Wahrscheinlichkeit heile geblieben. Ich wüsste dann, dass es die Flasche war, auf die jemand den Kronkorken wieder draufgedrückt hat, so, gesagt hat, das ist jetzt ausgetrunken, da ist alles rausgeholt worden, was man rausholen kann, und jetzt ist es vorbei, so, vorbei, da machen wir den Kronkorken wieder drauf.

Ich habe noch viel mehr Sachen, die ich in Plastiktüten packen und zum Container tragen möchte, aber sie würden nicht krachen oder poltern, sondern lautlos darin verschwinden. Fotografien, Briefe, Filmrollen, Quittungen und Dinge, die ich nicht beim Namen nenne, weil ich sie nicht in die Hände nehmen und begreifen kann. Nur ab und zu legt jemand seinen Finger darauf, mehr aus Versehen als gewollt, und dann spüre ich: da, genau da sitzt es und löst sich nicht. Ich stelle mir vor, dass gerade diese Sachen explodieren, wenn ich sie durch die Gummilaschen schiebe, dass es knallt und der Container leuchtet, vibriert, Funken sprühen aus den Einwurflöchern und die Nachbarn reißen ihre Fenster auf, strecken die Köpfe heraus und krähen in die Dunkelheit, was denn diese Gestalt da am Container mache, ob sie ihn anstecke, ob sie Krawall mache, ob sie zu einer Straßenbande gehöre und man jetzt nach Einbruch der Dunkelheit draußen nicht mehr sicher wäre. Ich rufe zurück, dass ich nur noch kurz etwas zu erledigen habe, etwas, das ich schon längst hätte tun sollen, dass es gleich vorbei sein wird, so, vorbei und das Feuer im Container wird noch eine Weile durch die Einwurflöcher auf den Gehweg scheinen, aber es wird kleiner werden und bald geht es ganz aus, aus und vorbei, so, vorbei, genau so stelle ich mir das vor.

Die Nachbarn reden viel in letzter Zeit. Sie brauchen keinen Rücken mehr, hinter dem sie tuscheln können, sie posaunen ins Treppenhaus, sie würden diese ständig wechselnden Männerbesuche nicht länger dulden und die knallende Tür sei schon viel zu lange eine Zumutung. Ich drehe mich auf dem Treppenabsatz um und möchte ihnen sagen, dass sie sich um ihre eigenen Angelegenheiten kümmern sollen, dass sie sich ein Leben besorgen sollen, damit sie was zum drüber reden haben, get a life, will ich brüllen, aber in diesem Haus versteht keiner Englisch, hier spricht man nur Putzplan und Hausordnung. Am allerliebsten aber möchte ich ihnen sagen, wie sehr ich mir wünsche, dass es wahr wäre. Ich wünschte ich würde meine krachende Tür ständig für wechselnde Männerbesuche öffnen, man würde Flaschengeklapper aus meiner Küche hören und Stimmen auf dem Balkon und ich und die wechselnden Männer, wir würden Polonaise durch den Flur tanzen und die Nachbarn würden ihre Besenstiele gegen die Zimmerdecke stoßen, wenn wieder dieser Lärm aus dem Schlafzimmer kommt, der ihnen erzählt, dass sie einsamer sind als ich. Wäre ihr Vorwurf berechtigt, würde ich nicht jeden Tag auf dem Fensterbrett sitzen, auf den Balkon schielen und überlegen, ob ich die Flasche mit dem wiederdraufgedrückten Kronkorken heute zum Container bringe, oder morgen, oder nicht doch lieber nächste Woche oder vielleicht auch überhaupt nie. Aber ich bezweifle, dass die Nachbarn verstehen, wovon ich spreche, wenn ich ihnen von leeren Flaschen mit Kronkorken erzähle, also lasse ich es. Unser Schloß ist kaputt, erkläre ich stattdessen, deswegen kracht es so, die Hausverwaltung wird sich darum kümmern, und nicht jeder Mann, der dieses Haus betritt, landet automatisch in unserer Wohnung, und nicht jeder Mann, der unsere Wohnung betritt, automatisch in unseren Betten. Aber das hören die Nachbarn schon nicht mehr, sie haben mit einem leisen Klicken ihre mit Namensschildern betöpferten Türen in die Schlößer gedrückt.

Meine Tür kracht, als ich sie schließe und ich kann das nachbarliche Kopfschütteln durch den Laminatboden spüren. Ich hole eine Flasche aus dem Kühlschrank und setze mich aufs Fensterbrett und als ich ausgetrunken habe, drücke ich den Kronkorken auf den Flaschenhals und stelle die neue Flasche neben die alte auf den Balkon. So werde ich es von nun an jeden Abend machen und Ende nächster Woche werde ich nicht mehr wissen, welche der ganzen Kronkorkenflaschen denn eigentlich das Original ist. Ich werde sie alle in eine Plastiktüte packen und mich durchs Treppenhaus schleichen und am nächsten Morgen frage ich die Nachbarn, ob sie es mitbekommen haben, der Glascontainer hat gebrannt letzte Nacht, lichterloh, jemand hat die Polizei gerufen und die Feuerwehr, doch keiner, niemand, kein einziger von all den Uniformierten konnte sich erklären, wie es zu diesem Feuer gekommen ist.

Davor.

Melone schneiden.

Als würde jemand seine Hand auf deinem Scheitel platzieren, Zeige- und Mittelfinger greifen über deine Augenbrauen, halten sich in den Augenhöhlen fest und mit einem Ruck zieht dich die Hand nach hinten, du siehst nichts mehr, du wartest, auf was? Schmerz? Stattdessen: ein Messer in deiner Hand, glitschig, feucht, Saft rinnt über deine Finger. Du schneidest Melone. Halbieren, vierteln, achteln. Du nimmst einen Melonenschnitz und schneidest Stücke bis zur Schale, drückst das stumpfe Messer in deinen Handballen, löst die Stücke vom harten Rand, lässt sie fallen, saftig schmatzen sie auf der glatten Telleroberfläche. Die Hand hat dich gerissen und du findest dich wieder beim Melone schneiden. Du riechst den süßlichen Duft. Zwischen zwei Schnitten vertreibst du die Fliegen mit einer Hand. Du kennst diese Küche, von draußen Stimmen, du kennst die Münder, die sich die blassgelben Würfel zwischen die Lippen schieben werden. Du kennst das Abendlicht, das die Wand trifft, dort über der Tür, kennst die Sonne, die jetzt untergeht und die Nacht, die beginnt, die kennst du auch. Das alles ist schon lange her. Kein Mensch schneidet jetzt noch Melone, die Sonne geht nachmittags unter und das, was dich aus dem Alltag reißt, wird bald aufhören, wird weniger, ist schon längst kein Schlag mehr in die Magengrube, ist nur noch schubsen, schieben, zerren und in ein paar Wochen gehst du ohne zu zögern geradeaus.

http://www.dailymotion.com/video/xkgg33_nico-these-days_music

Koordinatenscherben.

Anhören? Klick:

Es regnet. Die Hitze bleibt in den Straßen stehen. Mein Gesicht schmilzt. Wenn wir uns begegnen, wirst du mich nicht mehr erkennen. Du bist mir jetzt schon fremder als die Alten im Park. Ihr Flüstern drang rau und kratzig aus dem Busch. Ich blieb daran hängen. Ich sitze jetzt häufig mit ihnen unter den Bäumen. Sie haben viel zu erzählen, wenn man ihnen zuhört. Ich habe nichts zu erzählen, also kann ich das: zuhören.

Die Geschichte kann ich auswendig. Ich weiß, wie man sie erzählt. Mit den schönen Stellen und den schlimmen, mit dem Witz und der Tragik, im richtigen Tempo mit den scheinbar so unwichtigen Details. Traurige Geschichten sind die Besten und die, die auch noch ein bisschen krank sind, schlagen ein, wie Zeitungsknüller. Ich habe sie oft genug erzählt, um zu wissen, wie sie funktioniert. Doch ich erzähle sie nicht mehr, denn eins habe ich noch nicht verstanden: dass es meine Geschichte ist.

Gestern wollte ich die Stadt verlassen. Ich habe eine Tasche gepackt, den Fahrplan gelesen, bin zum Bahnhof gelaufen. Ich habe am Bahnsteig gewartet, bin in einen Zug gestiegen, die Türen gingen zu, ich saß, sah aus dem Fenster, die Landschaft flog vorbei, die Sonne als Fixpunkt am Horizont. Doch die vielen Haltestellen machen das Umkehren zum Kinderspiel. Es war dunkel, als ich mich zurück in die Stadt schlich. Auf den Straßen hat mich keiner erkannt.

Das geschmolzene Gesicht tropft auf den Boden. Es zischt ein letztes Mal, als wäre der Boden heiß und das Gesicht ganz kalt. Ich setze eine Sonnenbrille auf, um niemanden zu erschrecken und bleibe auf dem Balkon. Ich röste mich auf dem Liegestuhlgitter, ich trinke alles, was der Kühlschrank hergibt, und er gibt einiges her. Wenn es regnet, spanne ich den Schirm auf, meine Beine werden nass, aber das macht nichts, ich bin ja nicht aus Zucker. Die Scherben, die auf den Fliesen liegen, die du einmal hier zertreten hast, ich kenne ihre Koordinaten. Solange keiner sie zur Seite kehrt, finde ich blind einen scherbenlosen Weg. Ich gehe barfuß, trete auf, Ferse, Ballen, Zeh, mir kann nichts mehr passieren.

Ich sehe in den Spiegel, erkenne das Gesicht, das über Nacht nachgewachsen ist, nicht. Die Wettervorhersage ist wolkenlos. Ich strecke den Kopf aus dem Fenster, sehe direkt in die Sonne und warte.

Keiner weiß.

Anhören? Klick:

Seine Sätze tauchen auf wie Internetseiten, die nicht laden, nicht richtig, nur ein bisschen, ich sehe den Rahmen des Bildes und einen Streifen ganz oben, Baumwipfel, eine Stirn, ein Stück Himmel, und dann lädt es nicht weiter, obwohl ich weiß, da ist noch was, da wäre noch Platz, da müsste es noch mehr geben, solche Sätze spricht er, Sätze, die man neu laden müsste, um sie zu verstehen.

Vielleicht ist das ja das Problem: dass wir immer versuchen zu verstehen, alles und jeden wollen wir verstehen und ich frage mich, was wir dann tun, wenn wir es verstanden haben, ob wir es dann gut sein lassen, ob wir es ruhen lassen, wie einen Hefeteig, der unter dem feuchten Handtuch wächst und ob wir dann von vorne beginnen zu fragen, weil es jetzt größer geworden ist und wir es wieder nicht begreifen können.

Als ich meine Fragen stelle, merke ich, dass es überhaupt nicht um die Anworten geht, dass keine seiner Antworten irgendeinen Unterschied machen könnte. Es geht nur darum, zu formulieren, Worte in den Raum zu stellen, Worte auf ihn zulaufen zu lassen und zu sehen, dass nichts davon ankommen kann, weil der, an den sie gerichtet sind, nicht mehr existiert, wahrscheinlich sogar nie existiert hat. So etwas kann man nicht verstehen: Menschen, die es gibt oder nicht gibt, Dinge, die sich ändern und Auswirkungen haben, wie Milch, die schlecht wird oder Joghurt, der verdirbt.

Keiner weiß, was dem Bild fehlt, dass ich eigentlich etwas anderes fotografieren wollte, etwas, das ich schon damals nicht greifen konnte, dass ich es ließ, deshalb, es sein ließ und die Fassade aussuchte, weil ich so oft Fassaden fotografiere, Hausfassaden, Landschaftsfassaden, Gesichterfassaden, ich bin geübt, ich bin Fassadenspezialist, Fassade geht immer, dachte ich, und drückte ab.

Aber deswegen hat sich auch nichts geändert. Es bringt nichts, den Koffer nicht auszupacken, es bringt nichts, die leeren Flaschen nicht fortzutragen, es bringt nichts, den Teller nicht leer zu essen, im Bett zu bleiben und dem Lichtquadrat zuzusehen, das sich durchs Zimmer manövriert.

Ich habe gelernt, dass man auf so gut wie alles warten kann. Darauf, dass das Wasser kocht. Darauf, dass der Kaffee durchläuft. Auf ein Youtubevideo, das lädt. Auf den Postboten im Treppenhaus, der Bücher bringt, die ich nicht lese, sondern staple. Darauf, dass das krustige Blut von den Wunden abfällt. Darauf, dass die Sonne diesen einen Punkt auf dem Teppich erreicht. Ich kann auf alles warten und dabei warte ich nur auf eines: Dass die Zeit vergeht.

You should see the other guy.

Short and sweet.

„Don’t you know that life is short and sweet?
You gotta earn those moments for your heart to beat.“

Aaron Beckum. Forcefield Blues.

Abschied.

Anhören? Klick:

Ein Gesicht hinter Glas, das sich immer schneller fortbewegt. Ich merke mir das Fenster, winke dem Fenster, den Wasserflecken, dem „Keine Flaschen aus dem Fenster werfen“-Aufkleber, kann das Gesicht schon längst nicht mehr sehen. Beim Winken gehen, um nicht dazustehen und bloß zu winken. Mit gehobener Hand trotte ich dem Zug hinterher. Schließlich nur noch ein roter Fleck, Hand in die Tasche, Treppe suchen. Die Leute schauen. Ich reibe mir die Augen, als wäre etwas hineingeflogen. Bahnhofsvorplatz, Ampel, Gehsteig. Einen Fuß vor den anderen setzen, ohne darüber nachzudenken: Das ist es wohl, was man Zuhause nennt.

Beim Zurückkehren in die Wohnung fällt die Stille auf. Vor den Fenstern bleiben die Bäume unbewegt, der Wind ist fort. Ich kann mich nicht überwinden die Jacke auszuziehen, lasse auch die Schuhe an, stehe, den Schlüssel in der Hand im Flur, blicke in alle Zimmer. Ich weiß nicht, was es ist: Als wären die Möbel geschrumpft, seit ich fort war, nur um ein paar Millimeter, ein Gefühl von Raum, den ich nicht füllen kann. Ich stehe und warte, höre dem Rauschen der nahen Straße zu, das durch ein gekipptes Fenster geschwemmt wird, warte, dass die Wohnung wieder meine wird, dass ich wieder hineingehöre, warte.

 

Hier entlang zur Fee Feuer. Facebook Page: Klick.